Ein Papst der Schreiberzunft schrieb kürzlich in seiner Kolumne über die hässlichen und unpräzisen Partizip-Präsens-Konstruktionen. Das sind die, in der wir z.B. von Mitarbeitenden schreiben, da sich diese ja meistens aus Männern und Frauen formieren. Unser Papst also haut da mit Stil und schreiberischer Wollust in eine Kerbe, in die schon etliche Bewanderte vor ihm geschlagen haben. Über das populäre, «unheikle» Thema wird gern diskutiert.

Denn es bietet sich an, um sich darüber ungeniert lustig zu machen und man darf dabei von der überwältigenden Mehrheit mit Applaus rechnen. Die Spalte von Manfred Papst, erschienen in der NZZ eines Sonntags 2017, ist durchaus lesenswert, weil sie auf die Problematik aufmerksam macht. Selbstverständlich greift sie als Auseinandersetzung zu kurz. Die Glosse schliesst mit dem Satz: Liebe Meinende, ich bitte um Rat.

Gut, wenn das Geschlecht «egal» ist

Gern geben wir hier den Schreibenden unseren Rat. Denn wir halten das Anliegen an einen Sprachgebrauch, der die Geschlechterverhältnisse berücksichtigt, für durchaus berechtigt: Wenn auch von der überwältigenden Mehrheit für nicht so wichtig gehalten, von der Mehrheit nicht erwünscht und von einer Minderheit mehr oder minder angefeindet.

Die deutsche Sprache ist unbestritten eine Männersprache. Das kommt in bestimmten Fachgebieten ganz deutlich zum Ausdruck. Mein Lieblingsbeispiel aus dem Baufach heisst Bauherr. Dies ungeachtet, welchen Geschlechts die «Bauherrin» ist. Die Sprache sichert und zementiert die Herrschaft der bestehenden Verhältnisse. Das ist den «Verhältnissen» noch so recht und darum hat da die (Geschlechter-)Gerechtigkeit auch nicht ernsthaft etwas zu suchen. Im Fachgebiet Gender wurde die Männersprache auf vielseitige und originelle Art zerpflückt. Man kann es z.B. bei Luise F. Pusch wieder einmal nachlesen.

Dass die Leitfäden des «Gender mainstreaming», die umstrittenen Partizip-Präsens-Konstruktionen und weitere Lösungsbestrebungen allesamt nicht der Weisheit letzter Schluss sind, versteht sich von selbst. Die zig Jahrtausende lange Geschichte der Sprache, ihre organische Entwicklung, ihre Komplexität und ihre Macht behindern, dass sie sich dem Zeitgeist entsprechend revolutionieren und systemisch gerechter machen lässt.

Frischer Rat – gratis!

Nun aber zum Rat. Die halbe Menschheit besteht aus Frauen. Sie sind, wenn überhaupt, noch immer mitgemeint. Der Situation können wir sprachlich einigermassen gerecht werden, indem wir uns, bevor wir zu reden oder schreiben beginnen aufmerksam die nötigen Fragen stellen: An wen richtet sich unsere Botschaft? Wer wird sie hauptsächlich lesen? Mit welchen sprachlichen Praktiken ist die Person oder die Ansprechgruppe vertraut? Welcher Art ist der Text? Handelt es sich um eine Kolumne, um eine Rede, um eine Reportage? In welchem fachlichen, gesellschaftlichen oder politischen Umfeld ist er positioniert? Wie dem auch sei, es braucht besondere Sorgfalt und Feingefühl, um mit einer ungerechten Sprache der (Frauen-)Sache gerecht zu werden. Schreiben und Sprechen bedeutet stets auch, die Verhältnisse zu benennen und offen zu legen.

Zum Umgang mit der Bauherrschaft

Und zurück zu unseren konkreten angesprochenen Beispielen: Wie benenne ich nun also den Bauherrn, wenn er eine Frau ist? Bauherrin ist eine Möglichkeit, auch wenn der «herr» darin noch kräftig mitbaut. Bei der Bauherrschaft wird es dann schon richtig schwierig, weil weder Bauherrinnenschaft noch Baufrauschaft die richtige Vorstellung auslösen. Auch die «Bauverantwortlichen» sind nicht zwingend mit der Bauherrschaft identisch. Auf der Webplattform http://geschicktgendern.de/ finde ich als Möglichkeit für Bauherr: «den Bau in Auftrag gebende Person», was wohl ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Aber wieso nicht: Bauauftraggeber / Bauauftraggeberin oder.

Und schon sind wir zurück bei den «hässlichen» Partizip-Präsens-Konstruktionen: Um die schwerfälligen Verdoppelungen, das Binnen-I und den Schrägstrich zu umgehen, erlaube ich mir entgegen aller päpstlichen Empfehlungen die «Mitarbeitenden und die Bauauftraggebenden». Sie sind verständlich und könnten sich dursetzen, auch wenn sie nicht über alle grammatikalischen Zweifel erhaben sind.

Der gesunde Frauen- und Männerverstand

Zugegeben, es ist wenig sinnvoll, geschlechtergerechte Formen auf Biegen und Brechen herstellen zu wollen. Es genügt, die Möglichkeiten sorgfältig und sinnvoll zu prüfen, die die deutsche Sprache bietet, um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Sprache umzusetzen. Dabei kann der (halt sehr ausführliche) «Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren» des Bundes helfen. Er gibt Anhaltspunkte über die Vor- und Nachteile sowie die Faustregeln zur Verwendung. Und auch die darf man getrost hinterfragen, verbessern und von Fall zu Fall sinnvoll anwenden.

Wir von frischtext.ch pflegen täglich die Auseinandersetzung damit und geben gerne unseren Rat, wenn es um sach-, fach- und geschlechtergerechte Sprache geht. Die darf und soll Spass machen. Aber lächerlich machen über ernstliche Anliegen soll sie sich nicht.